Voller Erfolg als Halbtagskraft?
Von Versprechen, die eine Frauenquote nicht halten kann
Mit seinem Artikel Die Quote ist nicht für Latte-Macchiato-Mütter greift Autor Dr. Jan Tibor Lelley einen zentralen Punkt in der Debatte um die Frauenquote auf – dass eine erfolgreiche, weibliche Karriere nicht von der Kindergartenöffnungszeit abhängig sei, sondern vielmehr davon, ob Frauen dazu bereit sind, auf eine Work-Life-Balance zu verzichten. Lelley nennt einige relevante Aspekte für beruflichen Erfolg und stellt letztlich die grundlegende Frage: Sind Sie willens, für Ihren Erfolg an Grenzen zu gehen?
„Beruflicher Erfolg ist nicht männlich oder weiblich. Er ist fast immer Frucht von harter Arbeit, von überdurchschnittlichem Zeiteinsatz, vom Ignorieren dessen, was man sonst die Work-Life-Balance nennt.“ Zugegeben, diese Ansicht ist nicht neu, doch rückt sie die Erwartungen an die 2015 kommende Quotenregelung auf ein Normalmaß zurecht. Nach Meinung des Autors darf die Debatte um mehr Frauen in Führungspositionen nicht verwechselt werden mit der Debatte, lange Arbeitszeiten zu kürzen, die Präsenzkultur in den Büros abzuschaffen oder auf sonstige Art und Weise „weniger zu arbeiten, ohne dass man negativ auffällt“.
Großen Anteil am Erfolg haben Frauen selbst
Einen großen, wenn nicht den größten Anteil am Erfolg der Karriere haben nach Meinung des Autors Frauen selbst – und zwar mit ihrem Willen, Führungspositionen zu besetzen, gepaart mit ihrer Bereitschaft, den größten Teil ihrer Lebenszeit für den beruflichen Erfolg aufzubringen. „Bei der Frauenquote geht es nicht darum, gut ausgebildeten weiblichen und männlichen Führungskräften mehr Familienzeit zu gönnen.“ Die hohe persönliche Verantwortung entbinde Unternehmen jedoch nicht, mehr für ein ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter in den Führungsetagen zu tun.
Zwar ist die Zahl der DAX-30-Firmen mit weiblichen Vorstandsmitgliedern in den vergangenen Jahren gestiegen (11 von 30 Unternehmen), allerdings gibt es bis auf die Ausnahmen Deutsche Telekom, Siemens und Lufthansa jeweils nur eine Vorstandsposition, die mit einer Frau besetzt ist. Ob eine Quote für Aufsichtsräte daran etwas ändert, bleibt fraglich, für Lelley ist sie dennoch zumindest ein erster Schritt.
50 Prozent Humankapital zur Kinderbetreuung geschickt
Aufgrund des immer dringender werdenden Fachkräftemangels sei es für eine führende Wirtschaftsnation wie Deutschland fundamental, nach Alternativen zu suchen. „Eine Nation, die 50 Prozent ihres hochschulausgebildeten Humankapitals zur Kinderbetreuung nach Hause schickt, tritt zum globalen Wettbewerb besser gar nicht mehr an.“ Doch ist es richtig, die Verantwortung dafür nur auf die Unternehmen abzuwälzen? Oder fehlt in letzter Instanz tatsächlich Frauen der Wille, ihre Position hart zu erkämpfen und auf Familie zu verzichten?
Die Kritik Lelleys hinsichtlich der überzogenen Erwartungen an die Frauenquote ist berechtigt. Mit dem Versprechen einer Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist sie gewiss überfordert. Unbestreitbar ist jedoch auch, dass die Debatte um ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in den Führungsetagen Deutschlands diese Vereinbarkeit auf der Agenda ganz nach oben setzt. Neue, familienfreundliche Arbeitsmodelle könnten unabhängig der Quotendiskussion ein Weg für mehr Frauen in Spitzenpositionen sein. Spätestens der Fachkräftemangel macht ein Denken auch in diese Richtung notwendig.
Der Artikel beleuchtet die Quotendiskussion von einer interessanten Seite und hinterfragt, ob Frauen für eine Führungsposition überhaupt bereit sind. Sicher ist, dass die Quote leistungswilligen und ehrgeizigen Frauen verhelfen wird, sich an der Spitze zu positionieren, „und dass sich harte und zeitintensive Arbeit mehr schlecht als recht mit Familie verträgt.“ Für Jan Tibor Lelley bereits ein Argument für die Quote: „Dann wäre Deutschland um eine Lebenslüge ärmer.“
Link zum Artikel: http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/frauen-in-fuehrungsetagen-die-quote-ist-nicht-fuer-latte-macchiato-muetter/