Generation Y – Keine Sorge, wir sind auch nur Menschen
Ein Appell für mehr Verständnis und Wertschätzung untereinander
Ich bin 1991 geboren und gehöre damit zur sogenannten Generation Y oder auch Generation Why. Zahlreiche Studien und Artikel zu den besonderen Präferenzen der Young Professionals bei der Berufs- und Stellenwahl wurden bereits veröffentlicht. So viele scheinen mir plötzlich Experten zu sein, was ich als Mitglied der Generation Y im Leben will und was nicht. Diese Pauschalisierungen ärgern mich, da sie die Vorurteile über uns noch weiter befeuern. Nicht nur einmal musste ich mir von älteren, sogenannten Baby Boomern und Mitgliedern der Generation X anhören, meine Generation sei generell faul und wolle zu viel.
Stereotype entbinden nicht von der wertschätzenden Auseinandersetzung mit meinem Gegenüber
Doch Schubladendenken hat so seine Tücken. Stereotype sind zwar als geistige Abkürzungen sehr praktisch, entbinden jedoch nicht von der wertschätzenden Auseinandersetzung mit den individuellen Bedürfnissen meines Gegenübers. Wir dürfen nicht vergessen, dass viele andere Aspekte hier neben dem Geburtsdatum ebenfalls eine Rolle spielen, wie die räumliche und soziale Herkunft, der schulische Hintergrund und das Bildungsniveau. Die Lebensphase in dem sich ein Mensch derzeit befindet, hat Studien zu Folge sogar einen bedeutenderen Einfluss als das Alter.
Zentrale Anforderungen der Generation Y an das Wunsch-Arbeitsumfeld
Bei allen Unterschieden zwischen und vor allem innerhalb von Generationen, kristallisieren sich laut Umfragen immer wieder folgende zentrale Anforderungen an das Wunsch-Arbeitsumfeld meiner Generation Y heraus: Struktur, Sicherheit und Stabilität, Sinn und soziales Miteinander, Selbstoptimierung samt Feedback, Anerkennung und Weiterbildung, Selbstbestimmung und Flexibilität (etwa bezüglich Arbeitsort und -zeit) sowie eine faire Vergütung.
Übereinstimmung mit den psychologischen Grundbedürfnissen eines Menschen
Auffällig ist, dass die oben genannten Anforderungen weitestgehend mit den drei angeborenen psychologischen Grundbedürfnissen eines Menschen übereinstimmen. Gemäß der sogenannten Selbstbestimmungstheorie nach Richard M. Ryan und Edward L. Deci hängt unsere Motivation für ein bestimmtes Verhalten sowie das generelle Wohlbefinden davon ab, inwieweit die drei psychologischen Grundbedürfnisse nach Kompetenz oder Wirksamkeit, nach sozialer Eingebundenheit oder soziale Zugehörigkeit und nach Autonomie oder Selbstbestimmung befriedigt werden können.
Die gute Nachricht ist also, dass es sich nicht um besondere Bedürfnisse und Wünsche meiner Generation zu handeln scheint, sondern diese altersunabhängig und einfach menschlich sind. Das deckt sich übrigens auch mit meinen Praxiserfahrungen als Personalberaterin, dass diese Wünsche von den allermeisten Kandidaten genannt werden und das ganz unabhängig vom jeweiligen Alter.
Die Verschiebung der Macht am Arbeitsmarkt
Lediglich die Bedingungen am Arbeitsmarkt haben sich geändert. Bei steigender Nachfrage nach Fachkräften und schrumpfendem Angebot verschiebt sich die Marktmacht zugunsten meiner Generation und der, die nach uns folgt. Arbeitgeber sind nun zum Umdenken gezwungen und müssen versuchen, diese Bedürfnisse zu erfüllen, um im War for Talents die besten Kandidaten und Kandidatinnen für sich zu gewinnen. Wichtig ist aber auch festzuhalten, dass sie mit denselben Bemühungen um die neuen Generationen, auch ihre Arbeitgeberattraktivität für die bestehende Belegschaft verbessern können. Das wiederum wirkt sich positiv auf die Motivation und Bindung ihrer Mitarbeiter aus.
Mein Fazit: Wir sollten endlich aufhören, die Unterschiede zwischen den Generationen so stark in den Vordergrund zu stellen und uns lieber auf die Gemeinsamkeiten konzentrieren. Wer wissen will, was sein Gegenüber will, sollte mit ihm reden und gut zuhören, statt aufgrund seines Alters Vermutungen anzustellen. Dann wird man schnell feststellen: Wir sind alle auch nur Menschen.
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