Gleich und gleich gesellt sich gern
In den Vorständen steigt die Anzahl der Thomasse und Michaels viel stärker als die der Christines
Die deutschen Börsenunternehmen rekrutieren ihre Vorstände seit Jahrzehnten nahezu unverändert nach immer gleichem Muster. Die Vorstandsmitglieder sind sich daher in Bezug auf Alter, Geschlecht, Herkunft und Ausbildung sehr ähnlich: überwiegend männliche westdeutsche Wirtschaftswissenschaftler Mitte fünfzig. In jedem Jahr werden rund 100 Vorstandsposten in den Börsenunternehmen neu besetzt. Die AllBright Stiftung hat die Börsenunternehmen in drei Übersichtslisten unterteilt. Diese geben einen schnellen Überblick: Welchen Firmen gelingt es am besten, Frauen zu finden und zu halten? Welche sind damit besonders attraktiv für Männer und Frauen, die auf eine offene und inklusive Unternehmenskultur Wert legen? Kurz: Wo sollte Frau sich lieber nicht bewerben oder gar einkaufen?
Null Ambition führt zu null Erfolg – Die „Zielgröße Null“ wird zur selbsterfüllenden Prophezeiung
Seit dem 30. September 2015 sind die börsennotierten Unternehmen gesetzlich verpflichtet, feste Zielgrößen für die Steigerung des Frauenanteils in ihren Vorständen zu veröffentlichen – aktuell für den Zeitraum bis 2022. Es ist allerdings möglich, hierbei die „Zielgröße Null“ anzugeben – also null Frauen im Vorstand anzustreben. Von dieser Möglichkeit machen die Unternehmen ausgiebig Gebrauch. Die Zielgröße Null ist ein starkes Signal der Unternehmen – sowohl an die eigenen Managerinnen („Das trauen wir euch unter keinen Umständen in den kommenden Jahren zu“) als auch nach außen („Hier bleibt alles beim Alten, wir haben kein Interesse an weiblicher Kompetenz“) – und wird so zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Nur 37 (!) Unternehmen planen tatsächlich eine konkrete Erhöhung des aktuellen Frauenanteils.
Zahlreiche Firmen, die keine Frauen im Vorstand haben, setzen sich weiterhin die „Zielgröße Null“: Sie verfolgen das erklärte Ziel, in den kommenden Jahren (in der Regel bis 2022) im Vorstand einen Frauenanteil von null Prozent zu erreichen. Die eher schwachen Begründungen sind auch in diesem kurzen Video mit beispielhaften Ausschnitten aus Geschäftsberichten und Webseiten dokumentiert:
Die folgenden Listen sollen der Transparenz und der schnellen Orientierung dienen. Welchen Firmen gelingt es am besten, weibliche Kompetenz zu berücksichtigen, und welche sind damit besonders attraktiv für Frauen und Männer, die auf eine offene und inklusive Unternehmenskultur Wert legen? Für die Abstufungen innerhalb der Listen werden folgende Kriterien berücksichtigt, in der Reihenfolge ihrer Gewichtung:
- Anteil Frauen im Vorstand in Prozent
- Weibliche CEO
- Anteil Frauen im Aufsichtsrat in Prozent (keine Frau im Aufsichtsrat wirkt sich als Extrakriterium negativ aus)
Firmen mit mindestens 40 Prozent Frauen im Vorstand
1 Medigene
2 Aareal Bank
3 KION Group
Firmen mit mindestens einer Frau im Vorstand
4 DIC Asset
4 Deutsche Beteiligung
4 TAG Immobilien
6 Grenke
6 HHLA
8 KWS Saat
8 Wirecard
10 Telefónica Deutschland
11 Evonik Industries
11 Siemens
13 Vonovia
14 Daimler
15 Fraport
17 Pfeiffer Vacuum Technology
18 SAP
19 GEA Group
20 Lufthansa
21 Allianz
21 Axel Springer
21 Fuchs Petrolub
21 ProSiebenSat1 Media
25 Deutsche Börse
26 Henkel
26 Merck
28 Deutsche Post
28 Innogy
30 Adidas
31 Commerzbank
31 Fresenius Medical Care
33 BASF
33 Fresenius
35 BMW
36 Qiagen
37 Beiersdorf
38 Munich Re
39 Deutsche Telekom
40 DWS Group
41 Continental
42 Deutsche Bank
42 Volkswagen
44 Schaeffler
45 Dialog Semiconductor
46 Airbus Group
47 Zooplus
48 Grand City Properties
48 Patrizia Immobilien
48 WashTec
22 dieser Firmen gehören zu den 30 großen DAX-Unternehmen.
Firmen ohne Frauen im Vorstand
51 Steinhoff International
52 Cewe Stiftung
53 Biotest
53 Hornbach
55 Osram Licht
56 Ceconomy
56 Metro
58 Hannover Rück
59 Rhön-Klinikum
60 Bilfinger
60 DMG Mori
60 Sartorius
63 Norma Group
64 Fielmann
64 Hella
64 Infineon
64 SGL Carbon
64 Wüstenrot & Württembergische
69 Südzucker
70 Alstria Office REIT
70 Aurubis
70 Bechtle
70 Bertrandt
70 Brenntag
70 Cancom
70 Carl Zeiss Meditec
70 Covestro
70 Delivery Hero
70 Deutsche EuroShop
70 Deutsche Pfandbriefbank
70 Deutz
70 Drägerwerk
70 Dürr
70 ElringKlinger
70 Evotec
70 Freenet
70 Gerresheimer
70 Grammer
70 Hamborner REIT
70 HeidelbergCement
70 Heidelberger Druckmaschinen
70 Indus
70 Jenoptik
70 Jungheinrich
70 Koenig & Bauer
70 Leoni
70 Linde
70 Morphosys
70 MTU Aero Engines
70 SAF-Holland
70 Scout24
70 Siltronic
70 Ströer
70 Symrise
70 Uniper
106 Thyssenkrupp
107 Hapag-Lloyd
107 Hochtief
107 Talanx
110 Bayer
110 RWE
112 EON
112 Salzgitter
114 CTS Eventim
114 Hugo Boss
114 K+S
114 Krones
114 Lanxess
114 Rheinmetall
114 SMA Solar Technology
114 Tele Columbus
114 Wacker Chemie
123 Siemens Healthineers
123 Zalando
125 Aixtron
125 HelloFresh
127 Aroundtown
127 CompuGroup Medical
127 Deutsche Wohnen
127 1&1 Drillisch
127 Isra Vision
127 Jost Werke
127 Klöckner & Co
127 LEG Immobilien
127 Nordex
127 Puma
127 Software
127 Takkt
127 Vossloh
127 VTG
127 XING
142 RIB Software
143 BVB (Borussia Dortmund)
143 Encavis
145 RTL Group
146 Adler Real Estate
146 ADO Properties
146 Aumann
146 Corestate Capital
146 Hypoport
146 Nemetschek
146 Rational
146 Rocket Internet
146 S&T
146 Sixt
146 SLM Solutions Group
146 Stabilus
146 TLG Immobilien
146 United Internet
146 Wacker Neuson
30 Prezent als Schlüssel zur Veränderung
Die deutschen Unternehmen stehen im Vergleich mit anderen westlichen Industrieländern wie Großbritannien, Frankreich, Schweden und den USA ganz allein da. In den USA und in Schweden erreicht heute bereits jedes dritte Unternehmen einen Frauenanteil von 30 Prozent oder mehr. Der Anteil von 30 Prozent gilt als „kritische Masse“ für eine nachhaltige Veränderung in der Teamdynamik. Das heißt, ein Frauenanteil von unter 30 Prozent kann leider keine Veränderung bewirken.
Die Zielsetzung 0 Prozent zeigt außerdem erneut deutlich, dass es nicht daran liegt, dass es keine qualifizierten Frauen gibt, sondern an der Einstellung der Unternehmen(sführung).
Münchner Selbstverständlichkeiten
Geben Sie Ihre Stimme ab für gleiche Teilhabe, gleichen Lohn, gleiche Chancen und ≠ 0.
- Gleiche Teilhabe – Wir erachten die sichtbare gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Vorstands- und oberen Führungspositionen sowie ihre Beteiligung in Gremien als Selbstverständlichkeit.
- Gleicher Lohn – Wir erachten die gleiche Bezahlung und das unmittelbare Schließen bestehender Lohn- und Gehaltslücken für gleiche Arbeit zwischen Frauen und Männern als Selbstverständlichkeit.
- Gleiche Chancen –Wir erachten die geschlechtsneutrale Auswahl und Beförderung von Talenten als Selbstverständlichkeit.
- ≠ 0 – Wir lehnen die von einer Vielzahl der börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen praktizierte Festlegung der freiwilligen Zielgröße „Null“ für den Frauenanteil in Aufsichtsrat, Vorstand und Führungsebenen ab. Sie ist ein Zeichen der Ignoranz gegenüber weiblichen Talenten und auch gegenüber dem politischen und gesetzgeberischen Willen.
Jetzt die Münchner Selbstverständlichkeiten unterzeichen >>
Mehr detaillierte Informationen entnehmen Sie bitte dem Bericht der AllBright Stiftung. Die deutsch-schwedische Allbright Stiftung ist eine politisch unabhängige und gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Stockholm und in Berlin. Sie setzt sich für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft ein.
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