Der stärkste Treiber sind Vorbilder
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Weibler zur Karrieremotivation von Frauen
Univ.-Prof. Dr. Jürgen Weibler ist Professor für Betriebswirtschaftslehre mit Forschungsschwerpunkten in der Führung, Organisation, dem Personalmanagement und Public Management. Wir haben Herrn Weibler in einem Kurzinterview zu seinem persönlichen Interesse am Thema Frauen in Führungspositionen befragt und waren neugierig, welche Strategien aus seiner Sicht zu einem höheren Frauenanteil beitragen könnten.
Bereits Mitte des Monats hatten wir in unserem Karriereblog auf eine Studie zum Thema Frauen und Führung hingewiesen, die von Jürgen Weibler an der FernUniversität in Hagen durchgeführt wird und sich mit der Diskriminierung weiblicher Führungskräfte im Arbeitsalltag befasst.
Herr Weibler, was motiviert Sie, sich tiefergehend mit der Materie „Frauen und Führung“ zu befassen?
Das Interesse, den Bereich Frauen und Führung zu vertiefen, entstand im Zuge der Neuauflage meines Lehrbuches „Personalführung“. Dort habe ich unter anderem das Thema in einem separaten Kapitel aufgegriffen und breiter dargestellt. Ich habe mich eingehend mit theoretischen Positionen wie vor allem empirischen Studien zu diesem Thema beschäftigt und meine eigenen Schlüsse daraus gezogen.
Meiner Ansicht nach zeigt die Forschungslage sehr deutlich, dass Frauen im Vergleich zu Männern größere Schwierigkeiten haben, Führungspositionen angeboten zu bekommen – vor allem gilt dies ab der mittleren Hierarchiestufe – und dies im Wesentlichen aus Gründen, die sie nicht selbst zu verantworten haben.
Wenn wir nun berücksichtigen, dass vielen Frauen wie Männern die Mechanismen, die eine gleichmäßige Chancenverteilung verhindern, nicht bewusst sind, kann man es schon als Aufgabe begreifen, hier ein wenig Licht in das Dunkel hineinzubringen. Denn nur über das, was auf dem Tisch liegt und damit für alle Seiten sichtbar ist, kann gemeinschaftlich nachgedacht werden.
Welche Maßnahmen sind Ihrer Meinung nach am geeignetsten zur Steigerung des Frauenanteils in Führungspositionen?
Wie so oft, gilt auch hier: Keine einzige Maßnahme ist allein geeignet, eine Chancengleichheit herzustellen. Ich bin der Meinung, dass der stärkste Treiber die Vorbildwirkung ist. Je mehr Frauen verschiedenste Führungspositionen innehaben und erfolgreich ausfüllen, umso selbstverständlicher ist dieser Zustand und umso attraktiver ist es für andere Frauen, Führungspositionen anzustreben.
Die Motivationslage, so etwas zu tun, hängt ganz entscheidend davon ab, ob ich mir das zutraue und ob ich es überhaupt möchte. Das Wollen wird neben eigenen Vorlieben und Umweltsituationen ganz entscheidend davon beeinflusst, ob ich erwarte, dass meine Anstrengungen auch zu einem Erfolg führen können und dass der Erfolg für mich attraktiv ist. Je häufiger ich in der Gesellschaft sehe, dass interessante und wichtige Führungspositionen von Frauen besetzt werden, und je häufiger ich erfahre, dass dies insbesondere auch für den Bereich gilt, für den ich mich ganz persönlich engagiere, umso so mehr werde ich mich für eine solche Position einzusetzen.
Deshalb sind Vorbilder so wichtig, denn sie sind nicht nur das Versprechen auf etwas, sondern sie zeigen bereits eine realisierte Möglichkeit.
Vielen Dank, Herr Weibler. Wir wünschen Ihnen und Ihren Forschungen viel Erfolg.